Petitionstext

An die Präsidentin des Kantonsrates St. Gallen und die Präsidentinnen und Präsidenten der Fraktionen / An die Regierung des Kantons St. Gallen

Petition für eine zukunftsorientierte Verkehrsstrategie im Kanton St. Gallen

Wir, die Unterzeichnenden dieser Petition, möchten unsere ernsten Bedenken bezüglich der geplanten gesetzlichen Verschärfung für die Einführung von Tempo 30 auf Kantons- und Gemeindestrassen erster Klasse zum Ausdruck bringen.

Die bundesrechtlich festgelegte Höchstgeschwindigkeit von 50 Innerorts stammt aus einer Zeit, in der es gesellschaftlich akzeptiert war, angetrunken und ohne Sicherheitsgurt Auto zu fahren. Solche Zeiten wünscht sich heute kaum mehr jemand zurück. Mit der Überweisung der Motion «Kein Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen» in der Herbstsession 2023 an die Regierung verkennt der Kantonsrat diese gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte.

Die Gemeinden müssen den Bedürfnissen ihre Bürger und Bürgerinnen nach weniger Lärmbelästigung, mehr Sicherheit und einer höheren Lebensqualität in ihrer kommunalen Verkehrsplanung Rechnung tragen. Weshalb nun der Kantonsrat den Gemeinden mit einer Verschärfung des Strassenverkehrsgesetzes zusätzliche Steine in den Weg legen will, ist für uns aus den folgenden Gründen nicht nachvollziehbar:

Tempo 30 schützt Leben

Mit Tempo 30 kann sowohl die Anzahl wie auch die Schwere von Verkehrsunfällen signifikant reduziert werden, was insbesondere auch für neuralgische Punkte auf verkehrsorientierten Strassen gilt. In der Konsequenz wird damit nicht nur unsägliches Leid vermieden, sondern auch ein Beitrag zur Eindämmung der stetig steigenden Gesundheitskosten geleistet.

Staats- und Gemeindekassen schonen

Tempo 30 ist leiser, als wenn höhere Geschwindigkeiten gefahren werden. Durch gezielte Geschwindigkeitsbegrenzungen lässt sich Lärm einfach verringern, ohne dass Geld für teure Flüsterbeläge, Lärmschutzwände und Schallschutzfenster ausgegeben werden muss. Auch die Belastung des Untergrunds und die Erschütterungen verringern sich durch ein tieferes Tempolimit. Die Lebensdauer der Werkleitungen, des Strassenbelags und sogar der angrenzenden Immobilien steigt, was wiederum den öffentlichen und privaten Finanzen zugutekommt.

Unnötig und widerrechtlich

Bereits heute müssen Gutachten erstellt, technische Berichte vorgelegt und öffentliche Mitwirkungsprozesse durchlaufen werden, bevor Tempo 30 auf einer Strasse eingeführt werden kann. Die Bevölkerung hat bereits jetzt die Möglichkeit, ihre Anliegen und Einwände geltend zu machen. Zusätzliche Regulierungen würden die Abläufe nur unnötig verteuern und verlängern. Auch die Regierung hat dem Kantonsrat empfohlen, nicht auf die Motion einzutreten, da eine Regelung auf kantonaler Ebene weder notwendig noch sinnvoll ist und mutmasslich gegen das übergeordnete Bundesrecht verstösst.

Wer zahlt befiehlt

Wenn Tempo 30 auf Gemeindestrassen erster Klasse verboten wird, sollte der Kantonsrat in der Konsequenz auch für den Unterhalt dieser Strassen aufkommen müssen.

Umwelt und Gesundheit

Wird der Strassenraum einseitig auf den schnellen Verkehr ausgelegt, bleibt weniger Platz für sichere und attraktive Fuss- und Velowege. Diese sind gerade innerhalb von Dörfern und Städten wichtig. Wenn mehr Strecken zu Fuss oder mit dem Velo zurückgelegt werden, so schont das nicht nur die Umwelt, sondern fördert auch die Vitalität der Bevölkerung. Indem der Staat auch den Bedürfnissen von schwächeren Verkehrsteilnehmern und Verkehrsteilnehmerinnen angemessen Rechnung trägt, wozu er gemäss Kantonsverfassung verpflichtet ist, werden solche Alternativen zum Auto attraktiver.

Wir appellieren an Sie, unsere Anliegen im Kantonsrat zu vertreten und sich für einen Rückzug der Motion beziehungsweise gegen eine Gesetzesänderung auszusprechen, die die Einführung von Tempo 30 faktisch verunmöglicht. Sollte diese dennoch gutgeheissen werden, appellieren wir an den Kantonsrat, die Entscheidung direktdemokratisch zu legitimieren und dem fakultativen Referendum zu unterstellen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Engagement

Hochachtungsvoll,

[Unterschriften der Unterzeichnenden]